Mit Beginn des 33. Lebensjahres, nach der Geburt meines vierten Kindes und unmittelbar danach mit der von mir angestrebten und durchgeführten Sterilisation häuften sich Krankheiten, von starkem Fieber begleitet. Bei Untersuchungen stellte sich immer wieder heraus (z. B. bei Lungenentzündung), dass alle körperlichen Symptome vorhanden waren, einschließlich der entsprechenden Lungengeräusche) allerdings ohne nachweisbare Entzündungszeichen im Blut.


Eine der haften gebliebenen Äußerungen der behandelnden Ärztin: „ Wenn ich nicht genau wüsste, dass es eine Lungenentzündung ist, würde ich es aufgrund des Befundes für unmöglich halten“.


Die Erkrankungen folgten rasch hintereinander und dauerten etwa ein Jahr an. Es stellten sich zusätzlich Suizidgedanken ein, die besonders drängend wurden, wenn der Alltag mit seinen Aufgaben vorbei war, die Kinder zu Bett und Ruhe einzog.


Im Frühjahr 1992 meinte eine Freundin: „ Alles was du erzählst, kommt mir bekannt vor, wie du dich fühlst und wie du es erlebst. Es erinnert mit an eine andere Bekannte, die sexuell missbraucht worden ist in der Kindheit. Kann das auch für dich zutreffen?“ Ich lehnte vehement ab und ging nach Hause. Direkt unmittelbar nach dem Gespräch fluteten plötzlich Bilder herein und Erinnerungen tauchten auf. Ich war über 2 Jahre (von meinem 8. – 10. Lebensjahr) von meinem ältesten Bruder sexuell missbraucht worden. Wie konnte ich das nur vergessen haben?


In dieser Zeit nahm die Suizidgefährdung zu und die Erinnerungen stellten sich so nach und nach ein, immer als Filmsequenzen wie von einem anderen Leben. Es schien mich nicht emotional zu beeinflussen, nur der Wunsch, nicht leben zu wollen, wurde unaufhaltsam stärker.

Ich suchte mir professionelle Hilfe bei einer anonymen Beratungsstelle der Kirche. Dies hat mir geholfen, die Aufgaben neu zu strukturieren und eine Anzahl meiner notwendigen Verpflichtungen an Freunde zu übergeben und in der Familie zu signalisieren, dass ich kürzer treten muss die nächste Zeit. Eine angeratene Einweisung in eine stationäre Einrichtung konnte ich so vermeiden. Entscheidend dabei war eine Telefonkette von 10 Freunden in Wohnort- oder Telefonnähe, die mir jederzeit Unterstützung gaben, wenn die Selbsttötungsgedanken zu drängend wurden. Sobald ich mit jemandem sprechen konnte, verminderte sich der Druck und wieder ein Tag war gewonnen. Die vier Kinder im Alter von 2- 15 Jahren erschienen mir als starker Anker, um ihretwillen kämpfte ich täglich gegen den Wunsch tot zu sein.


In Folge nahm ich an einer Gruppentherapie in einem Frauenzentrum teil, welches als anerkannter Träger auf dem Gebiet des sexuellen Missbrauchs Hilfe anbot. Bereits nach dem ersten Treffen fühlte ich mich schlechter als vorher. Die Beispiele der 9 anderen Frauen, wie sie missbraucht wurden und wie sich fühlen, überstieg alles, was ich zu der Zeit aushalten konnte. Ich ging noch ein zweites Mal hin, nur um mich zu erklären und zu verabschieden.


Ich suchte mir eine Therapeutin, die klientenzentriert nach Rogers arbeitete. Ich hatte einen wöchentlichen Termin von einer Zeitstunde. Danach war ich immer körperlich und seelisch so erschöpft, dass ich die Zeit bis zur nächsten Sitzung zur Regeneration und Erholung benötigte. Jede Sitzung kostete mich 50 Mark und dies über einen Zeitraum von mehreren Jahren, manchmal mit Pausen über Wochen, die ich bestimmte. Ich lernte sehr viel über mich und meine Art zu reagieren, wann ich gelernt habe, bestimmte Verhalten zu nutzen, um mich damit zu schützen. Seit 1993 war es mir unmöglich, bei Familientreffen den „Missbrauchsbruder“ zu treffen. Dies führte zu großen Störungen im Familienverband, denn entweder er oder ich, war die Devise. Allein der Gedanke, ihn zu sehen, verursachte einen solchen emotionalen Aufruhr, dass ich glaubte, mein Herz springt heraus, bleibt stehen oder versagt seinen Dienst.


Es gab auch Therapeuten auf diesem Weg, die mir Ziele anboten, die überhaupt nicht den von mir gewünschten Zielen glichen. Ich wollte einfach frei sein von dem ständigen Kampf gegen den starken Wunsch, mich zu töten und nicht andauernd an guten Tagen von weiteren Erinnerungen schrecklichster Art überfallen zu werden.


Im Frühjahr 2000 nahm ich an einer Ausbildung teil, die Jan Erik Sigdell zur Rückführungsbegleitung anbot in Dresden. Interessant wurde dies für mich durch eine sehr nahe Person, die nach einer Rückführung schlagartig aufhören konnte mit Verhaltensmustern. Versuche, diese zu überwinden bei derselben Therapeutin wie bei mir hatten sie bereits ebenfalls Jahre und eine ordentliche Stange Geld gekostet.


Jeden Tag gab es in der Rückführungsausbildung eine Demonstration einer Rückführung aus den Reihen der Kursteilnehmer. Sie wurde jeweils per Los bestimmt. In diesem Zusammenhang fiel die Wahl auch auf mich. Ich wollte wissen, warum ich diese schrecklichen Erlebnisse in meiner Kindheit hatte.


Die Rückführung führte in zwei frühere Leben, da ich als Mann Frauen vergewaltigt habe und sie dann allein ihrem Schicksal überlies. Ich war ein wirklich übler Bursche!

Die Situationen des Missbrauchs in meiner Kindheit erlebte ich nicht alle noch einmal, aber einige typische davon. Dies war sehr anstrengend und es wurde klar, wie sehr ich damals meinen Körper „abschaltete“ und meine Seele auf Reisen schickte, um nicht wirklich alles fühlen zu müssen. Dank der modifizierten Technik von Phyllis Christal, die der Rückführer anwendete, wurden alle Schmerzen, alle bedrückenden Gefühle und Emotionen ins Feuer geworfen. Der Seelenanteil, der bis zur Rückführung nie wieder wirklich den Körper einnahm, kehrte zurück und ich nahm ihn wieder auf.


Die Rückführung dauerte ohne Vorgespräch 4,5 Stunden. Ich war sehr erschöpft und müde.

Ich fühlte mich dennoch unmittelbar danach frei von den alten bedrängenden Gefühlen. Seit diesem Tag habe ich nie wieder gedacht und gewünscht, tot zu sein. Ich lebe voller Vertrauen und mit unendlicher Dankbarkeit für jeden Tag, der kommt.

Depressionen, die mich immer wieder heimsuchten, sind seit dieser Zeit passé. Mein gesamter gesundheitlicher Zustand ist sehr stabil und Erkrankungen sind kurz und betreffen Bagatellerkrankungen.

In der Familie kann ich nun an Feiern oder Treffen teilnehmen, egal, ob der Bruder dabei ist oder nicht. Wenn ich ihn treffe, ist es so, als ob ich einen Bekannten treffe, den ich nicht besonders gut kenne und für den ich nichts empfinde, weder im Guten, noch im Bösen. Das bedeutet nicht, dass sein Verhalten und Handeln an mir in der Kindheit in Ordnung war, aber es ist seine Sache, mit dieser Schuld klarzukommen. Mit mir hat dies nichts mehr zu tun.


Das Erleben dieser unglaublich raschen und wirklich befreienden Rückführung, die mich einen geringen Betrag kostete im Verhältnis zu den jahrelangen Therapien, die nur zum Überleben reichten, keine Lebensqualität herstellten, hat mich überzeugt, dass es eine effektive und effiziente Möglichkeit darstellt, sexuellen Missbrauch wirklich zu überwinden und sich frei davon zu machen.


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